Aktuelle Situation: Virale Hepatitis in Österreich

Hepatitis A&B und die Kombi-Impfung:

Obwohl eine Hepatitis A in den meisten Fällen glimpflich abläuft, können in Einzelfällen oder bei vulnerablen Gruppen große Schäden an der Leber entstehen. Eine Hepatitis B Infektion führt meist nicht zu einem chronischen Verlauf bei Erwachsenen, bei Kindern jedoch laut WHO in fast 95% der Fälle. Gerade deswegen ist es sehr wichtig, Neugeborene möglichst schnell zu immunisieren, da so meist eine lebenslange Immunität gegen dieses Virus – das deutlich infektiöser ist als HIV – erreicht wird. Im Falle einer chronischen Hepatitis B ist eine lebenslange Therapie verfügbar, die bei Erfolg das Risiko andere anzustecken zu können beinahe auf Null senkt.

Da eine chronische Infektion ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Krebs in der Leber ist, reduziert diese Impfung auch das Krebs-Risiko der Geimpften in der Leber. Wichtig ist aber, wenn man nicht die Geburtsdosis erhalten hat, die ein Leben hält, zu überprüfen, ob der Impfschutz noch vorhanden ist.

Hepatitis C ist in den meisten Fällen heilbar:

Hepatitis C führt im Gegensatz zu Hepatitis A und Hepatitis B fast immer zu einem chronischen Verlauf, die wie jede Hepatitis zur Entstehung einer Leberzirrhose und Leberkrebs und schlussendlich Tod führen kann.

In den meisten Fällen kann die chronische Infektion durch eine Therapie u.a. mit DAA(Direct Antiviral Acting)-Medikamenten geheilt werden, die in Österreich auch erstattet werden. Da dies jedoch die jahrelangen Schäden am Organ und am ganzen Körper nicht behebt, ist es sehr wichtig, dass jeder Mensch seine Therapie so rasch wie möglich erhält.

Hepatitis D, der „Huckepackvirus“

Hepatitis D ist ein Ausnahmefall in der Medizin, da es ein Virus ist, der zur Vermehrung einen anderen Virus braucht: Hepatitis B. Somit schützt die Impfung gegen Hepatitis B auch immer gleichzeitig vor Hepatitis D. Viele Menschen mit Hepatitis B sind sich nicht bewusst, dass sie auch mit Hepatitis D infiziert sind.

Hepatitis D (und somit eine Kombiinfektion mit Hepatitis B) wird aufgrund des rapiden Fortschreitens der Erkrankung hin zu Leberkrebs und Tod als der gefährlichste Fall einer chronischen viralen Hepatitis angesehen.

Hepatitis E, Die Zonoose die Schwangere und Ungeborene bedroht:

Hepatitis E ist eine Zoonose wie Covid-19, also ein Virus, der vom Tier auf den Menschen übertragen werden kann. In diesem Fall ist das Schwein der Ursprung des Virus, durch den Konsum von nicht vollständig gegartem Schweinefleisch (z.B.: Faschiertem Schwein bzw. Schweinemett) kann dieser Virus auf den Menschen übertragen werden.

Hepatitis E verläuft meist ähnlich wie Hepatitis A, jedoch ist eine Infektion vor oder während der Schwangerschaft ein immenser Risikofaktor für das Leben und Wohl von Mutter und Kind, und jede Schwangere Frau sollte präventiv auf Hepatitis E getestet werden.

„Hepatitis kann nicht warten!“ Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli 2021

Am 28. Juli ist wieder Welt-Hepatitis-Tag, mit dem die World Hepatitis Alliance (WHA) seit 2011 jährlich auf die Gefahren von viralen Lebererkrankungen aufmerksam macht, um Hepatitis B und C bis 2030 zu eliminieren. Das diesjährige Motto: „Hep can’t wait“ – „Hepatitis kann nicht warten!“ In Österreich wird dieses Ziel von der Hepatitis Hilfe Österreich – Plattform Gesunde Leber (HHÖ) rund um Vorsitzende Angelika Widhalm vorangetrieben.

Gesundheitsminister Dr. Wolfgang Mückstein unterstützt den Welt-Hepatitis-Tag 2021 und die HHÖ und lässt in einer Grußbotschaft wissen: „Gemeinsam beenden wir Hepatitis bis 2030“. 

Gesundheitsexperte und ehemaliger Direktor des HIV und Hepatitis Programmes der WHO Dr. Gottfried Hirnschall ruft auf rasch zu handeln, da auch in Österreich noch einiges zu tun ist.

Da weltweit alle 30 Sekunden eine Person an einer Hepatitis-bedingten Krankheit stirbt – auch in der aktuellen COVID-19-Krise – können wir nicht länger warten, um etwas gegen virale Hepatitis zu tun.

Ziel der WHO ist die Elimination viraler Hepatitis bis 2030

Videobotschaften anlässlich des Welt-Hepatitis-Tages 2021

Gesundheitsminister
Dr. Mückstein

Ehemaliger WHO Direktor
Dr. Hirnschall

Vorsitzende der HHÖ
Angelika Widhalm

Find the missing millions!”

Aufruf der Weltgesundheitsorganisation WHO. 9 von 10 Betroffenen wissen nicht, dass sie mit viraler Hepatitis infiziert sind.

Forderungen der HHÖ

  • Regelmäßige Screenings in Risikogruppen.
  • Angebot von kostenlosen Hepatitis-Schnelltests im Rahmen der Corona-Teststationen für die Bevölkerung.
  • Jeder Hepatitis B-Patient muss einmal auf Hepatitis D (Delta) getestet werden, um rechtzeitig die neue Therapie der Hepatitis Delta einzuleiten und damit eine rapide Verschlechterung der Lebererkrankung und somit die Gefahr des frühen Todes zu verringern.
  • Endlich die Erstellung eines von der WHO seit Jahren geforderten Hepatitis-Aktions-Planes und nicht nur eine Erfassung der derzeitigen Situation (aus 2019).

Key-Facts zu viraler Hepatitis 

  • In der EU sterben jedes Jahr mehr Menschen an HCV als an HIV.
  • HCV ist 7mal häufiger als HIV in Europa.
  • Geschätzte 15 Millionen Europäer sind chronisch infiziert, eingeschlossen 5,5 Millionen, die in der EU leben; jedes Jahr werden 27.000-29.000 neue HCV-Fälle in der EU/EEA diagnostiziert.
  • Beweise zeigen, dass sich in einigen europäischen Ländern die jährliche Todesrate durch HCV in den letzten 20 Jahren vervierfacht hat.

 Aktuelles in Stichworten zu den jeweiligen Virus-Varianten:

  • Hepatitis A+B – Kombinationsimpfung:

Vorzeige-Beispiel, dass Impfungen funktionieren (!) und der Nutzen für die Gesellschaft eindeutig nachweisbar ist. Weiterhin wichtig, Impfbereitschaft besonders bei (Klein)Kindern darf nicht weiter sinken. Hepatitis A+B-Impfung von Kindern und Jugendlichen ist gut und wirkt in Österreich! Diese Impfung verhindert die Infektion (auch von D) und somit auch die Entstehung von Zirrhose, Leberkrebs und Notwendigkeit von Lebertransplantationen. Somit: Impfung = Krebsvorsorge!!!

  • Hepatitis C – Therapie bringt Heilung:

Therapie mit den DAAs bringt Heilungsquote >90%, sollte jedem so schnell wie möglich zugänglich gemacht werden. Je früher Therapiebeginn -> Besserer Outcome -> weniger Zirrhose/Krebs/Transplantation/Tod. Jeder, der in Österreich seine Diagnose erhält und in Österreich versichert ist, hat sofort Anspruch auf eine DAA-Therapie!

  • Hepatitis D – Neue Erkenntnisse:

Impfung gegen Hep B schützt auch vor Hep. D. Hep. D kann ohne Hepatitis B nicht im Körper existieren. Das „Huckepackvirus“ braucht das Hepatitis B-Virus, um zu überleben. Doppelinfektion verschlimmert Verlauf und Therapieerfolg deutlich.

Deutlich mehr Hep. B PatientInnen als bisher angenommen sind auch mit Hep. D infiziert; Hep. B Patienten brauchen Screening auf Hep. D. Neue Therapien zugelassen und im Kommen, deswegen macht es aktuell vermehrt Sinn zu testen, da eine Lösung verfügbar ist.

  • Hepatitis E – Schwangerschaftsrisikofaktor:

Sehr großer Risikofaktor bei Schwangeren. Schwangere sollten standardisiert (mindestens) auf Hep. E getestet werden. Zoonose vom Schwein, auch in Österreich schon so weit verbreitet, dass alle Blutkonserven darauf getestet werden müssen. Blutkonserven werden in Österreich unter anderem auch auf virale Hepatitis B und C untersucht.

Statement von Primarius, Prof. Priv.Doz. Dr. Arnulf Ferlitsch zu Hepatitis D

Dr. Ferlitsch ist Facharzt für Innere Medizin, Zusatzfacharzt für Gastroenterologie, Hepatologie, Facharzt für Internistische Intensivmedizin, Leiter der Abteilung Innere Medizin, Gastroenterologie und Nephrologie im KH der Barmherzigen Brüder in Wien, Vorstandsmitglied der Österr. Gastroenterologischen Gesellschaft (ÖGGH) und Fach-Beirat der HHÖ

Die chronische Hepatitis D ist eine seltene Erkrankung und braucht immer auch eine Infektion mit dem Hepatitis B-Virus. Eine Hepatitis-B-Impfung bietet auch Schutz vor einer Hepatitis D-Infektion. In Österreich sind Infektionen mit dem Hepatitis D-Virus eher selten. In bestimmten Risikogruppen der Bevölkerung kommt sie öfter vor. Bei jedem Patienten mit HBV muss zumindest einmal nach Hepatitis D mittels Antikörper gesucht werden. Wenn die Infektion, die meistens, über das Blut erfolgt, weniger über sexuelle Kontakte oder im Rahmen des Geburtsvorganges übertragen wird, kommt es bei einer gleichzeitigen Infektion mit HBV in 5 % zum Auftreten einer chronischen Hepatitis D. Wenn die Infektion mit der Hepatitis D später erfolgt, geht eine akute Hepatitis B in 70 – 90 % in eine chronische Hepatitis D mit schweren Verläufen über. Sie führt meist innerhalb weniger Jahre zur Leberzirrhose.

Das Risiko für schwere Verläufe ist 4 x so hoch im Vergleich zu einer reinen HBV-Infektion. Bis vor Kurzem war Interferon Alpha die einzige zugelassene Therapie, die wohl den Nachweis einer Virusinfektion und die Infektiosität unter der Therapie verhinderte, jedoch nur sehr geringe Heilungschancen hatte. Seit dem heurigen Jahr gibt es eine neue von der EMA zugelassene Therapie mit der Substanz Bulevirtid (Hepcludex). Es ist eine täglich selbst zu verabreichende Spritze unter die Haut. Immerhin 33 % hatten in der Zulassungsstudie ein Ansprechen mit fehlendem Nachweis von Hepatitis D-Viren, die auch 24 Wochen nach Behandlungsende noch deutlich sichtbar ist. Studien in der Kombination von Interferon mit Bulevirtid laufen mit einem synergistischen Effekt. Auch dürfte eine höhere Dosierung (10 mg statt 2 mg täglich) einen positiven Effekt auf die Wirkung haben. Es kommt als einzige Nebenwirkung bei erhöhter Dosis zu einem Ansteigen der Gallensäure im Blut, was überraschenderweise aber asymptomatisch für die Patienten ist. Es besteht noch weitere Hoffnung für Hepatitis D-Patienten. Es sind noch derzeit 3 vielversprechende Substanzen in Studien, die die Heilung für diese schwerste Virushepatitisform ermöglichen sollen.

Über die Hepatitis Hilfe Österreich – Plattform gesunde Leber

Die Hepatitis Hilfe Österreich – Plattform Gesunde Leber (HHÖ) wurde im Jahr 2000 von engagierten Patienten gemeinsam mit Ärzten und den Partnern aus der Gesundheitspolitik gegründet. Seither fungiert der gemeinnützige Verein als Schnittstelle zwischen PatientInnen und MedizinerInnen, Behörden, Ministerien, Arbeiter- und Wirtschaftskammer, Sozialversicherungsträgern, Krankenkassen sowie regionalen Behörden hier in Österreich. Ein wissenschaftlicher Beirat, bestehend aus namhaften Fachärzten und Wissenschaftlern, gewährleistet die Zuverlässigkeit, Aktualität und Seriosität der medizinischen Informationen der HHÖ. Die Hepatitis Hilfe Österreich wird künftig noch enger als bisher mit allen zuständigen Behörden, Ministerien und einschlägigen Institutionen des Landes sowie den Medien zusammenarbeiten.

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