Am 9. März 2017 wurden in Vilnius die ersten Europäischen Referenz Netzwerke eingerichtet und offiziell gestartet. Die Europäischen Referenz Netzwerke (ERN) sollen den Wissensaustausch zwischen ärztlichen und medizinischen Personal und Expertise Zentren ermöglichen bzw. vertiefen.
Eines dieser insgesamt 24 Netzwerke befasst sich mit seltenen Erkrankungen der Leber und Galle (ERN RARE LIVER).
Gemäß den Rahmenbedingungen für ERNs sollen
- EU weite Kriterien für die Diagnose, Therapie und spezialisierte Pflege Seltener Erkrankungen entwickelt und verbreitet werden
- als Forschungs- und Wissenszentrum für die Behandlung von Patienten außerhalb der Europäischen Union dienen
- Behandlungszentren zur Verfügung stellen, wo diese notwendig sind.
Eine Beteiligung der PatientInnen ist aber nicht zwingend vorgeschrieben!
Im Bereich Leber sind viele Patienten bereits in anderen universitären Netzwerken involviert und haben bereits vor der Idee von ERN beachtliche Leistungen erzielt. Letztes Jahr wurde unter Druck der Patienten und Wissenschaftler die Diagnose PBC offiziell umbenannt. PBC ist eine Erkrankung der Galle und wurde fälschlich als primäre biliäre Zirrhose bezeichnet. Der Wort Zirrhose führte zu einer massiven Diskriminierung Betroffener, da Zirrhose zum im Allgemeinen mit Alkohol Missbrauch verbunden wird. Tatsächlich ist PBC aber eine vermutlich Autoimmunerkrankung der Galle und steht in keiner Verbindung mit Alkohol und Alkohol Missbrauch. PBC wurde daher letztes Jahr offiziell in primäre biliäre Cholangitis, das bedeutet Gallenentzündung umbenannt.
Patienten versuchen derzeit potentielle Zentren zu den angegebenen Erkrankungen zu identifizieren und mit den ERN RARE LIVER in Verbindung zu bringen. Dabei stehen sie immer wieder vor der Tatsache, dass ein Einbinden der Zentren in die bestehende Struktur nicht immer einfach ist. Die Möglichkeit ein Zentrum als assoziiertes Zentrum an ERN anzugliedern ist derzeit nicht ausreichend spezifiziert.
Von den Patienten wird im ERN RARE LIVER immer wieder gefordert, die Verbindung zwischen häufigen und seltenen Lebererkrankungen zu beachten bzw. untersuchen. Bei der Behandlung von Hepatitis C (HCV) Patienten wurde bei der Heilung dieser Virusinfektion z.B. ein gehäuftes Auftreten von Autoimmunhepatitis beobachtet. Der Zusammenhang zwischen der Behandlung einer HCV Infektion und Autoimmunhepatitis ist derzeit unbekannt.
Patienten agieren im ERN RARE LIVER als Mediatoren zwischen ERN und Administrationen, helfen bei der Priorisierung der Erkrankungen und last but not least vermitteln betroffen Erkrankte an die speziellen Zentren, um die Lebensqualität bzw. das Überleben der Erkrankung zu verbessern.
Zusätzlich bringen sie sich bei rechtlichen und ethischen Fragen in die Diskussion ein z.B. bei der Einrichtung von grenzüberschreitenden Registern für die Behandlung von seltenen Erkrankungen. Unterschiedliche Auslegungen der Datenschutz Richtlinie bzw. in Zukunft der EU Datenschutz Grundverordnung (ab Mai 2018) in den Mitgliedsländern erschwert oder verbietet sogar diese wichtige Aufgabe.
ERN RARE LIVER unfasst derzeit drei Themengebiete:
Autoimmunerkrankungen
- PBC, primäre biliäre Cholangitis
- PSC, primär sklerosierende Cholangitis
- AIH, Autoimmunhepatitis
- IgG4 Erkrankung
Metabolische, biliäre Atresie und assoziierte Erkrankungen
- Genetische Gallenerkrankung
- Biliäre Atresie
- Zystische Gallenerkrankung
- Alpha – 1 Anti – Trypsin Erkrankung
- Morbus Wilson
Strukturelle Erkrankungen
- Zystische Lebererkrankung
- Vaskuläre Lebererkrankung
- Intrahepatisches Cholangiocarzinom
Ernst Leitgeb
Hepatitis Hilfe Österreich
Datenschutz, LTX und Seltene Erkrankungen
E-Mail: info@gesundeleber.at
Literatur
DIRECTIVE 2011/24/EU OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL of 9 March 2011 on the application of patients’ rights in cross-border healthcare
COMMISSION DELEGATED DECISION of 10 March 2014 setting out criteria and conditions that European Reference Networks and healthcare providers wishing to join a European Reference Network must fulfil (2014/286/EU)
COMMISSION IMPLEMENTING DECISION of 10 March 2014 setting out criteria for establishing and evaluating European Reference Networks and their Members and for facilitating the exchange of information and expertise on establishing and evaluating such Networks (2014/287/EU)
