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Welt-Hepatitis-Tag 2023 – 28. Juli „Ich warte nicht. Ich handle!“

Am 28. Juli ist wieder Welt-Hepatitis-Tag! Seit 2011 macht die World Hepatitis Alliance (WHA) an diesem Tag jährlich auf die Gefahren von viralen Lebererkrankungen aufmerksam, um vor allem Hepatitis B, C und Delta bis zum Jahr 2030 zu eliminieren. In Österreich wird dieses Ziel von der Hepatitis Hilfe Österreich – Plattform Gesunde Leber (HHÖ) rund um Vorsitzende Angelika Widhalm und ihren Partnernvorangetrieben.

Am 28. Juli ist es wieder so weit: Der Welt Hepatitis Tag 2023 findet weltweit statt, um die Awareness für alle viralen Hepatitiden zu steigern und um diese schweren Lebererkrankungen bis 2030 zu eliminieren. „Denn aktuell stirbt alle 30 Sekunden ein Mensch an viraler Hepatitis“, betont Angelika Widhalm, Vorsitzende der Hepatitis Hilfe Österreich – Plattform Gesunde Leber (HHÖ). Sie appelliert an alle: „Lass dich testen! Du könntest Dein Leben retten.“ In diese Stoßrichtung geht auch das diesjährige Motto des Welt Hepatitis Tags, der von World Hepatitis Alliance ausgerichtet wird. „I’m not waiting!“ „We’re not waiting“. In Österreich: „Ich warte nicht! Ich handle!“ Die übergeordnete Kampagne der World Hepatitis Alliance unter dem Title „Hep can’t wait“ (Hepatitis kann nicht warten) läuft bereits seit drei Jahren.Dieses Motto soll den Menschen klarmachen, dass sie selbst die Verantwortung für ihre Gesundheit tragen und selbst aktiv werden sollten, um sich und andere vor Hepatitis-Infektionen und ihren Folgen zu schützen. „D.h., sich testen lassen. Und wenn eine Infektion vorliegt, dann sofort mit der entsprechenden antiviralen Therapie zu beginnen. Aktiv werden heißt aber auch, sich impfen zu lassen, um einer Infektion vorzubeugen.

Fakten zur viralen Hepatitis

Weltweit sind laut WHO-Schätzungen noch immer ca. 58 Millionen Menschen von chronischer Hepatitis C betroffen. Viel mehr jedoch wissen nichts von ihrer Infektion.

Geschätzte 15 Millionen Europäer sind chronisch HCV infiziert, eingeschlossen 5,5 Millionen, die in der EU leben; jedes Jahr werden 27.000 – 29.000 neue Fälle in der EU/EEA diagnostiziert. Beweise zeigen, dass sich in einigen europäischen Ländern die jährliche Todesrate durch HCV in den letzten 20 Jahren vervierfacht hat.

Laut WHO-Angaben von 2022 leben weltweit 296 Millionen Menschen mit chronischer Hepatitis B. 5% dieser Menschen (ca. 14,8 Millionen) leiden zusätzlich an einer Hepatitis-Delta-Infektion. Das unvollständige Hepatitis-Delta-Virus kann nur zusammen mit Hepatitis B existieren, verschlechtert aber den Verlauf oft dramatisch.

Die Situation in Österreich

„Lebererkrankungen sind auch in Österreich stark im Steigen begriffen und bilden somit eine große finanzielle Herausforderung für das Gesundheitssystem“, betont Widhalm und verweist darauf, dass virale Hepatitis A, B, C, Delta in Österreich gut behandelt werden können – „Hepatitis C ist heilbar. Es ist jedoch noch immer nicht vorgesehen, in der Gesundenuntersuchung auf virale Hepatitiden zu testen. Das muss sich ändern!“, fordert die HHÖ-Vorsitzende, da es in Österreich noch immer keine geregelten Screening-Programme für alle gibt und Diagnosen fast immer per Zufall gestellt werden. „JEDER kann betroffen sein, nicht nur Risikogruppen, er weiß es nur noch nicht! Und jeder Betroffene hat ein Recht auf Diagnose und Therapie, um sich und seine Familie schützen zu können.“ fügt Widhalm mit Nachdruck hinzu.

Für einige Risikogruppen gibt es bereits vereinzelt Test- und Betreuungsangebote, die jedoch überall ausgebaut gehören. 

„Auch die Therapie gegen Hepatitis B ist erfolgreich, wenn sie rechtzeitig eingeleitet wird. Man muss die Betroffenen jedoch erst finden! Und daran krankt es hier“, meint Widhalm hinsichtlich Hepatitis B, die oft gemeinsam mit einer Hepatitis Delta-Infektion auftritt. „Seit 2020 kann man auch Delta gut therapieren und so einen schweren Verlauf der Hepatitis B verhindern“, betont die HHÖ-Vorsitzende und fordert, „dass jeder Hepatitis B-Betroffene einmal im Leben auf Hepatitis Delta getestet werden muss, um rechtzeitig eine Therapie einleiten zu können.

Seltene Lebererkrankungen

„Die seltenen Lebererkrankungen sind nicht so selten, wie man glaubt, denn es gibt sehr viele verschiedene seltene Lebererkrankungen (PBC, AIH, PSC, Morbus Wilson, Hämochromatose, Alpha 1 Antitrypsin uvm.). Die Anlagen dazu werden oft vererbt“, erläutert Widhalm. „Auch hier müssen wir die Informationen noch intensiver in die Bevölkerung tragen, damit diese entsprechend sensibilisiert wird.“

Auch der Zugang zu innovativen Therapien ist oft mit großen Hürden verbunden, hier muss endlich gehandelt werden, da diese Erkrankungen meist gut therapiert werden können. „Vor allem bei der PBC (Primär Biliäre Cholangitis) gab es in den letzten Jahren enorme Fortschritte in der Therapie. Die Allgemeinmediziner sollten in jedem Fall sensibilisiert werden und rechtzeitig zum Hepatologen überweisen“, fordert Widhalm.

Neue Volkskrankheit Fettleber

„Eine nicht infektiöse Lebererkrankung, die weltweit, aber vor allem in Europa, Amerika und Australien viele Todesopfer fordert, wird von vielen Ärzten noch unterschätzt: die Fettleber – die neue Volkskrankheit Nr. 1“, erläutert die HHÖ-Vorsitzende. Meist wird sie durch eine übermäßige Aufnahme von industriell verarbeitetem Zucker wie u.a. Maisstärkesirup in Kombination mit zu wenig Bewegung, einer nicht ausgewogenen Ernährung (zu viel Kohlenhydrate, zu wenig Proteine) und/oder Alkohol verursacht und kann zu schweren Folgen wie Diabetes bis hin zum Leberkrebs führen. In Österreich sind etwa jeder 3. Mann und jede 4. Frau betroffen. Die Fettleber ist mittlerweile der häufigste Grund für eine Lebertransplantation weltweit!

„Wenn wir sofort Präventionsmaßnahmen einleiten, ersparen wir uns in 10 Jahren ca. 90 % der Menschen mit Diabetes, die wir hätten, wenn wir weiterhin gegen diese Volkskrankheit nichts machen würden“, so Widhalm weiter. „Durch Präventionsmaßnahmen ersparen wir uns aber vor allem menschliches Leid und Gesundheitskosten und setzen so einen Beitrag zu einer gesünderen Bevölkerung.“

Die HHÖ fordert in diesem Zusammenhang, dass bei erhöhten Leberwerten alle nötigen Untersuchungen durchgeführt und diese auch von den Krankenkassen refundiert werden. „Das ist aktuell leider nicht der Fall“, verweist Widhalm auf einen rigorosen Missstand hierzulande. „Grundsätzlich sollten Elastographie Untersuchung (FibroScan) in die Maßnahmen einer herkömmlichen Vorsorgeuntersuchung aufgenommen werden!“ So könnte man auch die sogenannten seltenen Lebererkrankungen rechtzeitig erkennen, um die Betroffenen rasch therapieren zu können.

Die HHÖ hat in Kooperation mit dem Verein Praevenire, dem Gesundheitsforum, die „Lebergesundheit 2030“ initiiert, um Lebererkrankungen endlich auf die gesundheitspolitische Ebene zu heben, wo sie hingehört, nämlich GANZ oben. Dies ist heuer gelungen und wird mit der Integrierung des Themas in politische Aktivitäten in den nächsten Jahren massiv intensiviert

Die Risikofaktoren auf einen Blick

·      Übergewicht

·      Bewegungsmangel

·      falsche Ernährung

·      übermäßiger Alkoholgenuss

·      sowie genetische Risikofaktoren

Forderungen der HHÖ auf einen Blick

·      Regelmäßige Screenings auf Lebererkrankungen im Rahmen von Präventionsmaßnahmen

·      Screeningprogramme auf Fettleber im Rahmen der Diabeteszentren.

·      Bessere Zusammenarbeit der Diabetologen mit den Hepatologen und Gastroentereologen.

·      Angebot von kostenlosen Hepatitis-Schnelltests im Rahmen von Prävention an die breite Bevölkerung.

·      Jeder Hepatitis B-Patient muss einmal im Leben auf Hepatitis D (Delta) getestet werden, um rechtzeitig die neue Therapie einzuleiten.

·      Erweiterung der Tests bei der Gesundenuntersuchung auf Lebererkrankungen.

·      Die Erstellung eines von der WHO seit Jahren geforderten Hepatitis-Aktions-Planes auch in Österreich.

·      Erstellung eines umfangreichen Präventionskonzeptes und Umsetzung dessen zum Thema Lebererkrankungen – beginnend sofort mit dem Thema Fettleber und in Folge alle Lebererkrankungen und deren Folgen.

·      Volle Übernahme der Kosten für Impfungen gegen Hepatitis A und B auch im Erwachsenenalter.

·      Erstattung der Kosten durch die SV für Untersuchungen der Leber mittels Elastographie (Fibroscan) im Rahmen der Kassenverträge.

·      Erstattung der vollen Kosten durch die SV für MTDs (Diätologen, Physio usw.), die zur Behandlung von Lebererkrankungen und deren Folgen nötig sind.

·      Erstattung der Kosten im Bereich der psychischen Gesundheit durch die SV bei Lebererkrankungen und deren Folgen.

·      Volle Einbeziehung in das Gesundheitsprogramm aller Lebererkrankungen auf gesundheitspolitischer Ebene und sofortiges Setzen von Präventionsmaßnahmen.

Links:

https://www.worldhepatitisalliance.org/
http://www.welthepatitistag.info/
https://www.gesundeleber.at/

Über die Hepatitis Hilfe Österreich – Plattform gesunde Leber

Die Hepatitis Hilfe Österreich – Plattform Gesunde Leber (HHÖ) wurde im Jahr 2000 von engagierten Patienten gemeinsam mit Ärzten und den Partnern aus der Gesundheitspolitik gegründet. Seither fungiert der gemeinnützige Verein als Schnittstelle zwischen PatientInnen und MedizinerInnen, Behörden, Ministerien, Arbeiter- und Wirtschaftskammer, Sozialversicherungsträgern, Krankenkassen sowie regionalen Behörden hier in Österreich. Ein wissenschaftlicher Beirat, bestehend aus namhaften Fachärzten und Wissenschaftlern, gewährleistet die Zuverlässigkeit, Aktualität und Seriosität der medizinischen Informationen der HHÖ. Die Hepatitis Hilfe Österreich wird künftig noch enger als bisher mit allen zuständigen Behörden, Ministerien und einschlägigen Institutionen des Landes sowie den Medien zusammenarbeiten.

Downloads:

Die Pressemappe

Die Beilage: „Präsentation Leber und Kardiometabolische Erkrankungen 2023“

Die Beilage „Übersicht im Viren Dschungel: Das Hepatitis ABC

Erste Therapieerfolge bei primär sklerosierender Cholangitis (PSC), einer noch unheilbaren Lebererkrankung

Die primär sklerosierende Cholangitis ist eine derzeit noch unheilbare Lebererkrankung, an der vor allem jüngere Menschen zwischen 30 und 40 Jahren erkranken. Jetzt konnte in einer Europäischen multizentrischen Phase II-Studie unter der Leitung der MedUni Wien und in enger Kooperation mit der Med Uni Graz und der Medizinischen Hochschule Hannover gezeigt werden, dass diese Krankheit mit Hilfe einer synthetisch hergestellte Gallensäure (Wirkstoff nor-Ursodeoxycholsäure/Nor-Urso) geheilt werden könnte.

„Die primär sklerosierende Cholangitis ist eine der letzten großen ‚Black Boxes‘ in der Hepatologie, eines der letzten ungelösten Rätsel“, sagt Michael Trauner, Studienleiter und Leiter der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der MedUni Wien. „Falls die Heilung mit Hilfe von Nor-Urso gelingen sollte, wäre das ein bemerkenswerter Durchbruch in der Hepatologie.“

Die mit 161 PatientInnen aus 45 Zentren in zwölf Ländern – beteiligt waren neben Österreich und Deutschland noch Belgien, Dänemark, Großbritannien, Ungarn, Litauen, Holland, Norwegen, Spanien, Finnland und Schweden – durchgeführte Phase II-Studie unterstrich die Hoffnungen der HepatologInnen: „In allen getesteten Dosierungen gab es deutliche Verbesserungen der Leberwerte“, erklärt Trauner. „Das ist ein vielversprechendes Ergebnis. Damit kann jetzt eine Phase III-Studie gestartet werden, die auch die Langzeitauswirkungen auf die Erkrankungsprogression untersucht.“

In der jetzt im Top-Magazin „Journal of Hepatology“ veröffentlichten Studie konnten die WissenschafterInnen zeigen, dass Nor-Urso klinisch effektiv, sicher und gut verträglich ist. Es wirkt direkt am Gallengang und spült die Gallenwege durch eine Erhöhung des bikarbonatreichen Gallenflusses von Giftstoffen frei. Trauner: „Der Wirkstoff kreist dabei zwischen Galle und Leber und wirkt genau dort, wo die entzündlichen Prozesse ablaufen, nämlich direkt im Gallengang.“ Die Ergebnisse lassen darauf hoffen, dass Nor-Urso u.a. auch dazu beitragen kann, Leberfibrose zu stoppen und das Bindegewebe zu verbessern. Das soll nun in einer klinischen Phase III-Studie, die rund drei Jahre dauern wird, untersucht werden.

Die primär sklerosierende Cholangitis, deren Ursache noch unbekannt ist, gilt als eine seltene Erkrankung mit schlechter Prognose, da die Erkrankung zur Leberzirrhose und zum Gallengangskrebs fortschreiten kann. Gekennzeichnet ist die Erkrankung durch eine Störung der Galleproduktion. Davon betroffen sind 0,01 Prozent der Bevölkerung.

Kooperation der Medizin-Unis in Wien und Graz

Generell gehören die MedUni Wien und die Med Uni Graz auch weltweit zu den führenden Zentren bei der Erforschung der primär sklerosierenden Cholangitis und anderer Leber- und Gallenwegserkrankungen. Die Forschungen zu norUrso hatte Trauner während seiner Tätigkeit an der Med Uni Graz vor mehr als einem Jahrzehnt begonnen, unterstützt vom Hepatologen Peter Fickert in Graz, der jetzt Leiter der klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Med Uni Graz und auch der Erstautor der aktuellen Studie ist. Die tierexperimentellen Arbeiten zu den Wirkmechanismen zur Nor-Urso aus dieser Zeit sind die Basis für die derzeitige klinische Entwicklung, seitdem  existiert eine enge Kooperation zwischen Graz und Wien.

Service: Journal of Hepatology

„norUrsodeoxycholic Acid Improves Cholestasis in Primary Sclerosing Cholangitis Independent of Ursodeoxycholic Acid Pre-treatment and Response.“ Fickert P, Hirschfield GM, Denk G, Marschall HU, Altorjay I, Färkkilä M, Schramm C, Spengler U, Chapman R, Bergquist A, Schrumpf E, Nevens F, Trivedi P, Reiter FP, Tornai I, Halilbasic E, Greinwald R, Pröls M, Manns MP, Trauner MJournal of Hepatology, Juni 2017, DOI: doi: 10.1016/j.jhep.2017.05.009

Die Studie wurde von Dr. Falk Pharma GmbH in Freiburg finanziert. „Diese Kooperation ist ein perfektes Beispiel dafür, wie akademische Forschung und Industrie es ermöglichen, die Grundlagenforschung von Bench to Bedside in die klinische Praxis zu transferieren“, so Trauner.

 

Rückfragehinweis:

Medizinische Universität Wien
Mag. Johannes Angerer
Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
+431 40160 – 11 501
Mobil: +43 664 800 16 11 501
johannes.angerer@meduniwien.ac.at
http://www.meduniwien.ac.at

MMag. Gerald Auer
Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Tel.: 0316 / 385-72023
E-Mail: presse@medunigraz.at
Auenbruggerplatz 2, 8036 Graz
www.medunigraz.at